Der Teddy des Grauens

Von Christoph Schütte

Da kann nicht einmal der Teddydoktor helfen. Ein Virus, scheint es, hat das Plüschtier über Nacht befallen, und
statt die lieben Kleinen sanft brummelnd in den Schlaf zu wiegen, wächst sich das weiche Fell des Bären zu
Wucherungen, Pusteln und Tentakeln aus. Die Knopfaugen auf den Zeichnungen Pawel Gardyniks können nicht
lügen: Das Grauen in den Kinderzimmern ist ganz offensichtlich wahr. Derlei Abgründen freilich begegnet der
Betrachter in den Arbeiten von zehn jungen Studenten und Absolventen der Kunstakademie Krakau, die derzeit
in der Frankfurter Ausstellungshalle an der Schulstraße zu sehen sind, eher selten.

Doch jenseits von Gardyniks Teddy-Mutationen oder Tomasz Kowalskis mal herrlich komischen, mal
rabenschwarzen Aquarellen bleibt reichlich Raum für eine Fülle sehenswerter Positionen. Nach „Borszcz“ im
Herbst des Jahres 2000 ist dies die zweite der Kunst aus Frankfurts polnischer Partnerstadt gewidmete Schau an
diesem Ort. Während seinerzeit allerdings vornehmlich Malerei zu sehen war, konzentriert sich „Junge Kunst
aus einer alten Stadt“, so der Titel der von Peter Weiermair kuratierten Ausstellung, mit Zeichnungen,
Aquarellen und Gouachen nun auf Papierarbeiten. Dabei offenbart die Auswahl trotz ihrer Themenvielfalt ein
durchgängiges Interesse an der Figuration und eine bemerkenswerte Souveränität in der Handhabung der Mittel.

Die Bilder umkreisen die Kunst

Dabei knüpfen Joanna Gesiorskis düstere Städtebilder oder Dominika Czarnys mit Kohle auf Packpapier
geworfene Akte erkennbar an historische Stile an, Wojtek Kubiak zeigt sich in seiner Zusammenarbeit mit Lidia
Krawczyk von konzeptuellen Überlegungen, Kinga Nowak mit ihren illustrativen Blättern vor allem von
Erinnerungen an die eigene Kindheit inspiriert. Und die von Weiermair treffend als „melancholische
Landschaften“ charakterisierten Bilder Magdalena Kuleszas oder die Arbeiten Marcin Mroczkowskis offenbaren
ein ausgeprägtes Interesse an malerischen Fragen.

Das künstlerische Vorgehen Georg Frauenschuhs, dessen eigens für diesen Ort hergestellte Arbeiten parallel zur
Schau im Projektraum der Ausstellungshalle zu sehen sind, erweist sich seinem Gegenstand indes nicht minder
adäquat. Dem Internet entnommene Fotografien sind es, die der Wiener Künstler in Malerei transformiert, als
gelte es, der virtuellen Welt buchstäblich Raum zu geben, einen festen Grund in der Wirklichkeit. Doch was ist
hier flüchtig, was von Dauer? Ist doch kaum zu übersehen, daß die Bilder ausnahmslos den Ausstellungsort
selbst und mithin wiederum die Kunst umkreisen. Flüchtig aber, gerade wie die Vorlagen, sind derweil ganz
konsequent Frauenschuhs auf die Wand gemalte Bilder. Und schneller noch als jene werden sie verblassen.

Die Schau in der Frankfurter Ausstellungshalle an der Schulstraße 1a ist bis zum 26. November mittwochs und
donnerstags von 18 bis 20 Uhr sowie freitags bis sonntags von 14 bis 18 Uhr geöffnet.

Text: F.A.Z., 14.11.2006