AUSSTELLUNGSHALLE - Schulstraße 1a HH - 60594 Frankfurt a.M. - Tel.:069/96200188
Pressestimmen




(Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30.04.2002)

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Untiere des Gemüts

Zeichnungen von Martina Kügler in Frankfurt

Diese Zeichnungen beunruhigen. Nicht, daß sie schreckliche oder in jedem Fall bedrohliche Szenerien zeigten, oft sind sie geradezu poetisch, auch lassen sich erotische Phantasien erahnen. Häufig jedoch scheinen sie Ausdruck nicht näher definierter Ängste, diffus und quälend. Sie thematisieren äußere und innere Zwänge, aber auch tief verborgene Wünsche und Sehnsüchte. Figuren suchen nach Beziehung und Kontakt und finden weder das eine noch das andere. Und wenn sie einmal "unter einer Decke stecken", stehen dem stummen Zeugen mit dem argwöhnischen Blick die Haare zu Berge. Aber oft auch haftet den Arbeiten Martina Küglers etwas Ambivalentes an, ist nicht klar zu entscheiden, ob Figuren miteinander ringen oder sich liebkosen, Hände erfreut willkommen heißend oder abwehrend sich dem Betrachter entgegenstrecken.

Verheißt die "großflächige Umarmung" des seltsam entgrenzten Wesens Schutz und Geborgenheit oder im Gegenteil Bedrohung und Vernichtung?

Nach einigen Jahren, in denen kaum Arbeiten der 1945 geborenen Frankfurter Künstlerin zu sehen waren, zeigt nun die "AusstellungsHalle Schulstraße 1 A" eine spannende Auswahl von etwa 50 Zeich-nungen aus 20 Jahren. Das ist eine kleine Auswahl für so eine manische Zeichnerin, und doch lassen sich manche Konstanten, auch Tendenzen beobachten. Nach wie vor legt Kügler ihre Arbeiten zumeist als Hochformat an, verzichtet auf die Gestaltung des Hintergrunds und stellt ihre Figuren in den weißen Raum.

Zwar sucht sie immer wieder auch mit eruptivem, gestischem Strich die Abstrak-tion, arbeitet mal mit Wachskreide oder Buntstiften, doch die mit dem Bleistift gezogene Linie als das bestimmende Element drängt stets zur Figur.

Die ehemalige Städelschülerin ist eine sichere, souveräne Zeichnerin, kaum eine Korrektur findet sich auf den Blättern. Die Linienführung erscheint mal glatt und gleichmäßig, wie in einem einzigen Strich ausgeführt, dann wieder stockend, zackig, als suche sie vergebens nach ungebrochenem Verlauf. Albträume, quälende Phantasien sind es immer wieder, die in Küglers Arbeiten zum Vorschein kommen; verschiedene Facetten der Persönlich-keit, die allerhand Händel miteinander auszutragen haben und die alle nach Ausdruck suchen wie die verschiedenen, auf einem Antlitz sich darstellenden Gesichter.

Dabei sind die verwirrenden, über das Blatt verteilten zerrissenen Fratzen und Gesichter früherer Jahre seltener geworden. Die Figuren, aus deren Innern, aus Händen, Armen oder Brüsten neue Gesichter und Körper Gestalt werden wollen, sind enger zusammengerückt, klarer in der Form.

"Von draußen / schlafmützenhaft / die Untiere / des Gemüts", wie es in einem von Küglers Gedichten heißt, sie sind immer noch da. Aber als habe sie ihnen einen Namen gegeben, werden sie Form. Die diffusen Angste, in der Figur vielleicht nicht gebändigt, nehmen mehr und mehr Gestalt an.

schü.


Schatten und Schneefelder

Gerald Domenig in Frankfurt

Häuser, nichts als Häuser. Etwas anderes gibt es auf den Bildern nicht zu sehen. Oder doch? Bauernhäuser und Scheunen in Österreich, der Toskana, seltsame, meist profane Ansichten aus Frankfurt und Belgien. Ein wenig Zeit braucht es schon, will man sich der Kunst Gerald Domenigs nähern. Natürlich gibt es einen Hintergrund, eine Landschaft vielleicht, und einen Vordergrund, eine Straße, Bäume oder ein Auto. Doch die Häuser sind das zunächst beherrschende Motiv auf Domenigs Fotografien, die derzeit in der Frankfurter "AusstellungsHalle Schulstaße lA" zu sehen sind. Und dann, plötzlich, stellt sich eine Bewegung ein beim Betrachten der zu je sechs Aufnahmen zusammengestellten Schwarzweißbilder.

Inhaltliche, aber auch formale Korrespondenzen, einzelne, sich wiederholende Barytabzüge in verschiedenen Zusammenhängen erzeugen einen zunächst sanften, dann kräftiger sich bemerkbar machenden Rhythmus. "Vor 30 Jahren wollte ich Architekt werden. Dieses Buch soll beweisen, daß mir das nicht gelungen ist", heißt es in dem soeben in einer Auflage von 240 Exemplaren erschienenen Buch "Der Beruf, das Gegenteil und die Liebe", das Domenig im Rahmen der Schau vorstellt. Und das trifft es schon ganz gut. Denn der 1953 in Kärnten geborene Künstler geht den umgekehrten Weg vom Haus zum Bild. Im Buch verwandelt er die Bilder noch einmal in anregenden, bisweilen vergnüglich zu lesenden Text, legt Spuren für den Betrachter, die das Sehen erleichtern, oder philosophiert munter vor sich hin.

Domenigs Ziel ist Abstraktion . "Ich fotografiere nicht Objekte, sondern deren Verhältnisse als Auflösung bzw. Konstruktion zum Bild", nicht das Festhalten also von Wirklichkeit, sondern ihr Verschwinden betreibt Domenig.

Und doch sind auf den ersten, Blick überall nur Häuser drauf. Mit den Mitteln der Fotografie, die die Realität wiederzugeben behauptet, verfolgt er.über Jahre hinweg beharrlich sein Ziel: die Überführung von Raum in Fläche. "Flach machen" nennt das der in Frankfurt lebende Absolvent der Städelschule. Vertikalen und Horizontalen legen sich übereinander, Muster und Formen kommunizieren miteinander über verschiedene Motivfelder in einer Aufnahme. Bäume, Berge, Häuser verlassen immer wieder den räumlichen Kontext und treten in formale graphische Spannung.

Schatten und Schneefelder verwischen räumliche Bezüge oder lösen sie auf, und die Konzentration auf graphische Entsprechungen, auf Linie, Dreieck, Rechteck in einem Bild erzeugt bei den zum Teil durchaus komisch zu nennenden Aufnahmen eine ähnliche Bewegung wie die, die der Betrachter angesichts der Zusammenstellung der Arbeiten in der Präsentation empfindet. Die Zeichnungen Domenigs setzen auf die entgegengesetzte Bewegung. Statt zur Abstraktion drängen sie zur Figur. Wie sich bei den Fotos, je länger man schaut, das Objekt tendenziell verflüchtigt, stellt bei den Zeichnungen Figürlichkeit sich ein. Gerne sieht der Künstler in ihnen Skizzen, Entwürfe seiner Fotografien, eine Annäherung an die Welt. Eine Bewegung, die mit dem Druck auf den Auslöser in ihr Gegenteil umschlägt. Eine Schule des Sehens: Domenigs Bildwelten sind ein fotografischer Essay, den man mit zunehmendem Vergnügen liest.

Die Schau ist bis 29. September Mittwoch und Donnerstag von 18 bis 20 Uhr, Freitag bis Sonntag von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Geschlossen vom 13. bis 15. September.

CHRISTOPH SCHÜTTE

(Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14.09.2002)

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Don't look back

Thomas Kilppers gigantischer Holzschnitt ist in Beton wiedererstanden

h.r. OBERURSEL. In Oberursel ist es Kindern und Jugendlichen von morgen an offiziell erlaubt, die Kunst mit Füßen zu treten. Daran wird weder die Stadt Anstoß nehmen noch der Schöpfer des Kunstwerkes. Im Gegenteil, es wäre sogar im Sinne der Historie der mit 330 Quadratrnetern Fläche monumentalen Arbeit des Frankfurter Künstlers Thomas Kilpper, darauf hin und wieder Sport zu treiben. Denn "Don't look back", wie Kilpper seinen 1999 geschaffenen Holzschnitt nannte, entstand ursprünglich in der Basketballhalle von Camp King. Kilppers ungewöhnliches Arbeitsmaterial war das Parkett der Turnhalle.

Mit Kettensäge, Oberfräse und Beitel schnitzte der Künstler in das Eichenholz. Es entstanden Bilder der wechselvollen Geschichte des Geländes, das von 1937 bis 1941 nationalsozialistischer Reichssiedlungshof war, anschließend für vier Jahre als Durchgangslager der deutschen Luftwaffe für Kriegsgefangene diente, bevor die amerikanischen Streitkräfte es nutzten. 1993 gaben sie den Standort Camp King auf, und die Stadt kaufte das Gelände vom Bund. Seit drei Jahren läßt sie dort neue Wohnungen bauen und die alten Fachwerkhäuser des Reichssiedlungshofs sanieren.

Kilpper sorgte mit dem ungewöhnlichen Holzschnitt weithin für Aufsehen. Wegen seiner Ausmaße wurde "Don't look back" vor zwei Jahren sogar in das Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen. Frühzeitig machten sich daher die Stadt, die Stadtentwicklungsgesellschaft (EWO), der Kultur- und Sportförderverein und einige Oberurseler Bürger Gedanken, wie das Werk der Öffentlichkeit auf Dauer zugänglich gemacht werden könnte. So entstand die Idee, eine Reproduktion anfertigen zu lassen. Am Sonntag nun wird dieser Nachguß der Öffentlichkeit übergeben.

Statt in Eiche ist die Geschichte des Camps nun in Beton verewigt, und statt in der Basketballhalle - die längst abgerissen wurde - liegt das Kunstwerk nun vor einem jener Fachwerkhäuser aus der Ära des Reichssiedlungshofs, in dem seit Januar das Kinderhaus von Camp untergebracht ist. Die neue Adresse heißt Jean-Sauer-Weg 2, und es firmiert dort als "Streetballfield".

Daß die außergewöhnliche Kunstaktion nicht nur als Erinnerung im Stadtarchiv überlebte, ist zahlreichen Sponsoren zu verdanken und einem aufwendigen Verfahren. Kilppers Holzschnitt war vor dem Abriß der Basketballhalle in Einzelteile zerlegt worden. Davon wurden Negativformen aus Silikon gegossen und diese dann mit Feinbeton gefüllt Die entstandenen Platten geben den Holzschnitt detailgenau wieder. Kilpper will noch einen Basketballkorb aufstellen lassen, um an den alten Raumeindruck zu erinnern. Insgesamt hat die Rekonstruktion 175 000 Euro gekostet, die Sponsoren aufbrachten, darunter viele Firmen, aber auch die Hessische Kulturstiftung und der Verein der Freunde der Städelschule.

Die Eröffnungsfeier am Sonntag beginnt um 14 Uhr und dient gleichzeitig dem Rückblick auf 25 Jahre offene Kinder- und Jugendarbeit in der Stadt. Der ehemalige Leiter des Frankfurter Museums für Moderne Kunst, Jean-Chris Ammann, wird einige Erläuterungen zu dem Kunstwerk geben.

(Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14.09.2002)

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Ferdinand Kramer

Bedrohte Baudenkmäler

Eine Ausstellung über Ferdinand Kramer und Bockenheim

Wer sein Studium noch nicht allzu lange hinter sich hat, den dürfte es beim Betreten der Ausstellungshalle Schulstraße mild durchzucken, wenn er sich inmitten der Möbel wiederfindet, in denen er studierte. Sie kommen als Leihgabe der Uni vom Philosophicum in der Gräfstraße, das nun in ruinösem Zustand vor sich hin dämmert. Sein Baumeister war Ferdinand Kramer, dessen Arbeiten für die Universität diese Ausstellung gewidmet ist.
Kramer war nach dem Krieg ihr erster Architekt, bis 1964 entstanden sämtliche Bauten unter seiner Ägide. Dem an Ort und Stelle nie fertiggestellten Konzept einer Campusuniversität folgend, entstanden Gebäude von radikaler Funktionaltät, in ihrer Schlichtheit und Transparenz als unmittelbare demokratische Antwort auf die monumentalen Architekturinszenierungen der NS-Zeit zu verstehen.
Heute, da sich Leitbilder in Gesellschaft und Architektur weiter gewandelt haben, ist es nicht leicht, die Intention und die Qualität der Bockenheimer Bauten zu vermitteln.

Claude Lichtenstein, vor zehn Jahren Kurator der letzten größeren Kramer-Ausstellung in Zürich, erkannte dies in seiner Frankfurter Eröffnungsrede. Zurückhaltung wird heute eher als Kargheit empfunden. Dies ist nun zum Damoklesschwert über den Gebäuden geworden, durch den Wegzug der Universität stehen sie quasi zur Disposition. Das große, citynahe Areal der Universität lässt Begehrlichkeiten bei Investoren wachsen, so dass selbst der Denkmalschutz für Philosophicum und das Studentenwohnheim an der Bockenheimer Warte kaum Hoffnung auf einen langfristigen Erhalt schüren.
Doch noch ist keine Entscheidung getroffen, und so versucht diese Ausstellung ihren Beitrag zu leisten zur architekturgeschichtlichen Einordnung und letztlich auch Erhaltung der Kramer-Bauten, die ein Stück Stadtgeschichte sind. Das Interesse daran scheint nicht gering, die Ausstellungshalle war voll an diesem Abend. Und irgendwann haben die Besucher auch ihre Ehrfurcht überwunden und sich auf den Stühlen niedergelassen, die ihnen schon früher in den Seminaren Halt gaben.
Am Freitag, 15. November, wird von 17 Uhr an in der Ausstellungshalle ein Symposion zu den Baudenkmälern der Frankfurter Universität abgehalten. Veranstalter sind der Deutsche Werkbund Hessen und das Hessische Landesamt für Denkmalpflege.

Daniel Bartetzko

(FR vom 14.11.02)

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Ferdinand Kramer

Die Schönheit der Kramer-Bauten ließe sich wieder herstellen

Diskussion über das Schicksal der Gebäude aus den 50er und 60er Jahren / Symposion und Ausstellung

Die großen Fenster sind blind, die kaputten Jalousien schlagen gegen die Scheibe. Das Treppenhaus ist grau und finster, Studenten drängeln sich auf den maroden Gängen, Türen fallen krachend ins Schloss. Ein Bild, das viele im Kopf haben, die im Philosophikum an der Gräfstraße studiert haben. Dass die Gebäude des Architekten Ferdinand Kramer unter Denkmalschutz stehen, entlockt den meisten nur ein Kopfschütteln.

Architekten und Denkmalpfleger, die sich kürzlich zu einem Symposion des Deutschen Werkbundes trafen, kennen das Dilemma. "Man kann den Leuten nicht erklären, warum diese Häuser unter Denkmalschutz stehen und ein hübsches Fachwerkhäuschen nicht", sagt Gerd Weiß, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege. Nicht einmal Kunsthistoriker, die er in Seminaren unterrichte, hätten Verständnis dafür, dass die maroden Gebäude, die Kramer zwischen 1952 und 1964 als Universitätsbaudirektor realisierte, erhalten werden sollen.

Die Universität konzentriere sich ausschließlich auf die Erschließung des neuen Campus und hätte es auf die Verrottung der Kramer-Bauten angelegt, lautet ein Vorwurf. Dagegen wehrt sich Peter Rost, Leiter der Uni-Planungsabteilung. "Die Mittel zur Bauerhaltung sind begrenzt." Mit den rund sechs Millionen Euro könne man gerade das Nötigste in Stand halten. Immerhin: Die Universitätsbibliothek, die neben Philosophikum, Studentenwohnheim und den Seminaren Pharmazie, Chemie und Biologie unter Denkmalschutz steht, ist eben erst nach Kramers Plänen renoviert worden..

Astrid Hansen, die über die Uni-Bauten promoviert hat, weiß "dass man die Schönheit der Gebäude erkennen würde, wenn man sie nach den Regeln des Denkmalschutzes in Stand setzen würde". Sie bestehe in der Zurückgenommenheit der Gebäude, ihrem sozialen und demokratischen Anspruch: "Die völlig neue Ausrichtung der Universität nach der Barbarei". Kramers Stil, der sich an der "freiheitlichen Architektur der USA orientierte, hat den Kopf der Studenten frei gemacht für neue Gedanken", so Christoph Mohr vom Landesamt für Denkmalpflege.

Das Schicksal der verlassenen Gebäude ist noch ungeklärt. Im Januar beginnt der Wettbewerb für die Gestaltung des Campus Bockenheim. Die Auschreibung von Stadt und Land soll die denkmalgeschützten Gebäude berücksichtigen. Vor Abriss sind sie dennoch nicht gefeit: gebe es einen besseren Vorschlag, könnten sie weichen, so Rost. Die Sanierung oder Integration sei "machbar, wenn man will", weiß Mohr. Deshalb sei es wichtig, die Gedanken und Ziele des 1985 verstorbenen Architekten und Designers der Öffentlichkeit zu vermitteln. Das Universitätsarchiv sammelt alle Möbel, Aschenbecher, Briefpapiere und Geschirr. Das von Kramer gestaltete Arbeitszimmer Horkheimers soll originalgetreu aufgebaut werden.

Visionär ist die Einschätzung Ferdinand Kramers von 1929: "Vielleicht bereitet ein Haus, das uns heute noch komfortabel erscheint, der nächsten Generation eine Belastung."

Kathrin Hartmann

(FR vom 20.11.02)

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Lauter Lieblingsbilder

Spiele mit der Erwartungshaltung: Malerei in der Frankfurter AusstellungsHalle Schulstraße 1A

Es war ein harter Tag, dort draußen in der Prärie. Nichts als Staub und Dreck und die unbarmherzige Sonne. Doch etwas stimmt nicht auf Anne Kaminskys "Cowboy". Alle sattsam bekannten Attribute sind vorhanden, der Hut, die typische Handbewegung des Zigarettenanzündens, die Jeans mit der Schnalle. Und doch bleibt vieles in der Schwebe auf ihrem in diesem Jahr entstandenen Ölbild, als habe sie'einen sandfarbenen Schleier über die ausgearbeitete und so deutlich die Werbung zitierende Figur gelegt. Nicht einmal das Geschlecht erscheint eindeutig, wiewohl man glaubt, eine angedeutete weibliche Brust zu erkennen.

Mehrere Arbeiten lösen solche leichten, mit Erwartungshaltungen spielende Irritationen aus in der "Lieblingsbilder" überschriebenen Schau, die derzeit in der Frankfurter "AusstellungsHalle Schulstraße lA" zu sehen ist und 15 sehr unterschiedliche malerische Positionen präsentiert. Wessen Lieblingsbilder der Leiter der Ausstellungshalle, Robert Bock, hier zusammengestellt hat, ob seine eigenen, die der beteiligten Künstler, oder ob der Betrachter aufgerufen ist, sich eines auszusuchen, bleibt offen. Fündig wird man in jedem Fall. Jeder der 15 in Frankfurt und Umgebung lebenden Künstler ist mit je einem meist aktuellen Werk vertreten. Mehrere Künstler, wie Lionel Röhrscheid mit seiner anregenden "transfigurativen Malerei" oder Andreas Gundermann, der eine spielerisch abstrakte Arbeit zeigt, waren hier schon in einer Einzelausstellung zu sehen.

Eine Reihe von Bildern tendiert zur Abstraktion wie die kleine, gestisch hingesetzte Landschaft unter leuchtend orangefarbenem Himmel von Cristina Herradas, einer Meisterschülerin von Hermann Nitsch. Corinna Mayer stellt ihren die Renaissance zitierenden Porträts auf tiefblauem Grund organische Formen gegenüber, während Gabriele Aulehlas abstrakte, satt und gleichmäßig aufgetragene Farbfeldmalerei im See", in Öl auf Nessel ausgeführt, mit ihren vibrierenden Übergängen zwischen Grün und Blautönen eine Reihe konkreter Assoziationen heraufbeschwört.

Gabriele Langendorf, die in Basel und bei Reimer Jochims am Städel studiert hat, zeigt ein zitronengelb leuchtendes Bild aus ihrer Serie privater Schlafzimmer, die im Grunde eine Porträtserie ihrer Bewohner sein mag: zwei Fenster, ein ordentlich ge- machtes Bett, zwei Bücher, eine Hanfpflanze im sonst leeren Raum. Wer soll hier ruhig schlafen? Konventionell und absurd zugleich, kaum auszuhalten. Und doch auch dies ein Lieblingsbild wie Justine Ottos souverän in Öl festgehaltene halbwüchsige Mädchen oder Maria Bubeniks mit wenigen Strichen hingeworfene Autobahnszene. Als sitze man selbst am Steuer, scheint der Asphalt, scheint die Landschaft in Form des Grünstreifens dahinzurasen, während das Auto stillsteht, als habe es jemand hier geparkt. (Bis 22. Dezember, Mittwoch und Donnerstag von 18 bis 21 Uhr, Freitag bis Sonntag von 14 bis 18 Uhr.)

CHRISTOPH SCHÜTFE

(FAZ vom 19.12.02)

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