"Liebe, Leere, Leidenschaft"
Malerei von Thomas Buck und Florian Heinke in der Ausstellungshalle 1A

Von Christpoh Schütte

"A love. / A woman. / An ocean. / can't be more beautiful. / Die Liebe einer Frau ist schöner als die Ostsee."

Keine Ahnung, warum uns zu diesen hübsch lakonischen Versen ausgerechnet James Dean in den Sinn kommt. Vielleicht, weil Florian Heinkes derzeit in der Frankfurter Ausstellungshalle Schulstraße 1A präsentierte Malerei zwar ausgesprochen häufig auf eigenen Fotografien basiert, mitunter jedoch auch von Filmbildern inspiriert ist, in die er mit dem Ölstift eigene, mal zart poetische und von sanfter Melancholie grundierte, gelegentlich freilich auch ein wenig pathetisch anmutende Texte setzt.

"Liebe, Schuld und Leidenschaft", so der Städelschüler, der in der Klasse von Christa Näher studiert, seien die beherrschenden Themen seines aktuellen Zyklus, gefallene Engel seine Protagonisten allesamt, die über die Vergänglichkeit sinnieren, wiewohl sie sich ganz offensichtlich längst schon damit abgefunden haben. Und so erinnert ebenjener einsam im weiten Schwarz des Bildraums posierende und über Frauen, Liebe und die Ostsee philosophierende Typ an den Helden aus "Denn sie wissen nicht, was sie tun"; "Die drunk" steht derweil neben einem offenbar vom Schicksal wie vom Alkohol arg gebeutelten und nicht mehr ganz so jungen Mann, der dem walisischen Dichter Dylan Thomas nachempfunden scheint; und jenes der mitunter etwas plakativ anmutenden Bilder ist womöglich einer Szene mit der rauchenden Marlene Dietrich abgeschaut.

Tiefer aber als der narrative Gehalt dieser "Black Pop"-Malerei beeindruckt die dichte, an einen überdimensionierten Comicstrip gemahnende Inszenierung; der Mut auch dieses jungen Künstlers zum gewaltigen Format, auf dem er mit sicherem Strich seine Szenen und Figuren ganz aus dem Kontrast von Schwarz und Weiß, aus dem Zusammenspiel der Farbe mit der rohen Leinwand entwickelt.

Thomas Buck, dessen Arbeiten parallel dazu in einer eigenen Ausstellung zu entdecken sind, ist dagegen ein Maler von gänzlich anderem Temperament. Das zu erkennen, genügt im Grunde schon ein Blick auf die beiden schlichten, auf gefundenen Papieren ausgeführten und mit Wasserfarbe zurückhaltend kolorierten Zeichnungen, die ungeachtet ihrer Bescheidenheit zu den fraglos reizvollsten, weil den Betrachter unmittelbar für sich einnehmenden Arbeiten der Schau überhaupt zählen.

 

Eher intro- als extrovertiert, dem Interesse an Material und Materialität, Form und schlichtem künstlerischen Tun mehr verpflichtet als dem Motiv oder gar dem erzählerischen Gehalt, ist es die Spannung zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit, Nähe und Distanz, der Bucks Bilder ihre Konzentration und Intensität verdanken. Darüber hinaus aber verfügt der 1981 in Polen geborene Städelabsolvent, der bei Thomas Bayrle und bei Wolfgang Tillmans studiert hat, über ein intuitives, indes mit jeder seiner Leinwände neu und überzeugend unter Beweis gestelltes Gespür für das adäquate und in aller Regel bescheidene Format.

Türschlösser, Pinsel oder Werkzeug, banale Gegenstände des Alltags mithin, Landschaften gelegentlich oder auch leicht aus der Balance - und beinahe aus dem Bildgeviert - geratene Schäfchenwolken, setzt Buck isoliert in sorgfältig aufgebaute, durch wiederholtes Abwaschen, erneuten Farbauftrag und Übermalung zunächst meist monochrom erscheinende, stets aber mit bewundernswerter Geduld präparierte Bildräume. Extreme Fokussierung oder im Gegenteil ein Maximum an Distanz irritieren dabei immer wieder die Wahrnehmung des Betrachters. Die Resonanzräume aber, die er damit öffnet, jenes Dazwischen inmitten der Pole des "Noch nicht" hier und des "Nicht mehr" dort, schaffen eine spannungsvolle, meditativ zu nennende Leere, die allenfalls die Poesie noch zu füllen imstande wäre. Und zeugen zugleich von einer stillen malerischen Kraft, wie sie sich derart konzentriert bei einem noch so jungen Künstler eher selten findet.


- Die Schau in der
Frankfurter Ausstellungshalle Schulstraße 1A
ist bis 22. Juli freitags bis sonntags
von 14 bis 18 Uhr,
donnerstags - bei einem Glas Wein -
von 20 bis 24 Uhr geöffnet.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.07.2007, Nr. 153, S. 50
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